Kommentar
Platon, Burke, Hogarth, Alison, Addison: Das sind die Autoritäten, auf die sich der Farbtheoretiker und Innendekorateur Herr Hay F.R.S.E. (*3.1798 Edinburgh - † 10.09.1866) nach seiner Ausbildung zum Aquarellmaler berufen konnte.
Signiert sind die drei radierten Tafeln jeweils mit: D[avid] R[amsey] Hay del[ineat] links unten, rechts mit: Geo[rge] Aikman sc[udit]. Das ist Konvention.
Geometrie war sein Metier. Innenraumgestaltung, Ausstattung sein Thema. Und wie das konstruktivistische Design der 20er Jahre des XX. Jahrhunderts liebte er geometrische Elementarformen: Das Rechteck, gleichseitiges Dreieck, die Elipse. So beispielsweise in dem ebenfalls im Jahre 1844 erschienenen Werk «Original geometrical diaper designs. Accompanied by an Attempt to develope and elucidate the true principles of ornamental design, as applied to the decorative Arts.», in dem Varianten von Kacheldekoration in Architektur vorgeführt werden.
Aus diesen Elementen konstruierte er ein menschliches Idealgesicht inmitten eines Idealkopfes. Vergleichsweise Vorschläge stammten von Lichtensteger (› 1746) für die gesamte Gestalt. Die Kopfkonstruktion von Mengs/Winckelmann (› 1762 /1764) bediente sich in ähnlicher Weise geometrischer Elementarformen.
Vollständige Klappsymmetrie ist das Resultat, absolut langweilige Charakterlosigkeit dieses Konstrukts. Es ist jenes Ideal der Mitte, das den mittleren Modus der französischen Proportionstheorie des XVII./XVIII. Jahrhunderts ablöste. Diese neue metrische Ideal existierte nur jenseits jeglichen Alters, Geschlechts und Charakters neutral und aussagenlos, zu jeder Umbildung bereit, freihändig zu zeichnen, gleichsam ständig zur Hand, bearbeitungsbedürftig zu jeder erwünschten Individualität umbildbar. Es ist der Inbegriff der Projektion eines neutralen Ich, das ständig erst in der Reflexion auf die Gesellschaft und auf die innere Befindlichkeit zu einem eigenen Ich rekonstruiert werden muß. Damit letztlich ein sehr modernes, aktuelles Thema des XXI. Jahrhunderts.
Bibliographie
Titel:
»The Laws of Hamonious Colouring, adapted to interior decorations, Manufactures, and other useful purposes. By D. R. Hay, House-Painter, Edingburgh. To which is now added an Attempt to define Aestetical Taste.« Edinburgh: William and Robert Chambers: [1828]; Orr & Smith, London. 1836
3, 1844
5, 1847
6. William Blackwood and Sons, Edinburgh and London. MDCCCLII.
- Frontispiz, Titelblatt, I Blatt Druckeradresse, I Blatt Widmung, S. V - S. VII
Introduction., I Blatt
Erratum., S. 1 - S. 72 Text mit 6 Illustrationen, Plate I. - V.
Literatur: Ulrich Thieme - Felix Becker (Hg.), »Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler.« Bd. 16, 1923, S. 168 - 169; Dobai III, S. 1191 ff, 1213; Gerlach 1990, S. 210*.
Exemplare: New York, Public Library: »
The laws of harmonious colouring, adapted to interior decorations, manufactures, and other useful purposes.« 1836
3 › digital; London, British Museum: 1847
6 › digital.
© W.P.Gerlach 12.12.1999, revidiert 06.2019.