Kommentar
Platon, Burke, Hogarth, Alison, Addison: Das sind die Autoritäten, auf die sich Hay (*1798 - † 1866) berief.
Signiert sind die drei radierten Tafeln jeweils mit D[avid] R[amsey] Hay del[ineat] links unten, rechts mit: Geo[rge] Aikman sc[udit]. Das war Konvention.
Geometrie wurde sein Metier. Innenraumgestaltung, Ausstattung sein Thema. Und wie das konstruktivistische Design der 20er Jahre des XX. Jahrhunderts liebte er geometrische Elementarformen: Das Rechteck, gleichseitige Dreieck, die Elipse.
Aus diesen Elementen konstruierte er ein menschliches Idealgesicht inmitten eines Idealkopfes. Vergleichsweise Vorschläge stammten von Lichtensteger (› 1746) für die gesamte Gestalt. Die Kopfkonstruktion von Mengs/Winckelmann (› 1762 / 1764) bediente sich in gleicher Weise geometrischer Elementarformen.
Vollständige Klappsymmetrie war das Resultat, absolute Langweiligkeit, Charakterlosigkeit dieses Konstrukts. Es war jenes Ideal der Mitte, das den mittleren Modus der französischen Proportionstheorie des XVII./XVIII. Jahrhunderts ablöste. Diese neue metrische Ideal existierte nur jenseits jeglichen Alters, Geschlechts und Charakters neutral und aussagenlos, zu jeder Umbildung bereit, jedenfalls freihändig zu zeichnen, gleichsam ständig zur Hand, bearbeitungsbedürftig zu jeder erwünschten Individualität umbildbar.
Das ist der Inbegriff der Projektion eines neutralen Ich, das ständig erst in der Reflexion auf die Gesellschaft und auf die innere Befindlichkeit zu einem individualisierten Ich umgebildet werden muß. Damit letztlich ein sehr modernes, aktuelles Thema.
Der Stecher Georg Aikman (tätig Edinburgh 1800 - 1841) ist ausschließlich als Reproduktionsstecher bekannt.
Bibliographie
Titel:
»The Laws of Harmonious Colouring, adapted to interior decorations, etc. to which is now added an Attempt to define Aestetical Taste. By D. R. Hay, House-Painter, Edinburgh.« London: [1828], W. S. Orr and Co. and W. R. Chambers, MDCCCXXXVIII.; 1844
5.
- 1828: Titelblatt, S. 1 - S. 68, Tafel I - III.
Literatur: In: »Allgemeines Künstlerlexikon.« Bd. 16, 1923, S. 168 - 169; Dobai, Bd. III, 1977, S. 1189 - 1192, 1213; Gerlach 1990, S. 210*; Anonym, "Aikman, George." In: »Allgemeines Künstlexikon.« Bd. 1, 1992, S. 658 (kennt dieses Werk nicht).
Exemplare: 1828:
› digital; Yale Center for British Art
› Titel; Metropolitan Museum of Art: 1836, 3rd. Edition
› digital; 1838, 4th Edition: Getty Research Institute
› digital;Deutsch Weimar 1852, 2. verm. Aufl.
› digital.
© W.P.Gerlach 12.12.1999, revidiert 06.2019.