Kommentar
Nur in wenigen Exemplaren dieses Tafelwerkes findet sich mit der Bezeichnung unten rechts “Figure 3 idem I partie.” dieser Stich. Er fällt gegenüber den übrigen dadurch auf, daß die Linien viel feiner sind. Die Rahmenarchitektur ist indessen die gleiche wie auf Taf. 2. Die eingefügte Schrifttafel auf der rechten Seite läßt deutlich werden, daß die Darstellung des Reiters auf eine vom Gebälk herabgelassenen Leinwand gezeichnet ist - also auf einem Bild im Bilde, das den Ausblick auf die dahinterliegende Landschaft verwehrt. Damit wird deutlich gemacht, daß Reiter und Pferd nicht ein reales, sondern ein ideales Modell - das des reitenden Königs, Henry IV - wiedergeben. Das unterscheidet diese Darstellung von den übrigen des Tafelwerkes. Hier blicken wir auf eine zeichnerische Demonstration.
Reiter und Pferd sind von einem Quadrat und einer vom Auge des Reiters lotrecht hinabreichenden Linie markiert. Auge des Reiters, Ohr des Pferdes und Fußspitze des Reiters sind diejenigen anatomischen Stellen, die durch das Quadrat verbunden sind. Damit ist dessen Haltung auf dem Pferd einem einfachen metrischen Kalkül unterworfen. Die ideale Position ist durch eine ideale geometrische Figur bezeichnet.
Die Verwendung dieser idealen geometrischen Figur begegnet im Werk von de Pas d. J. [1593 Köln - um 1670 Amsterdam] wenige Jahre darauf in seiner Zeichenanleitung von › 1654. Sie hat indessen eine prominente Vorgeschichte in der Proportionslehre. Sie ist neben dem Kreis die maßgebende Figur für den › "homo bene figuratus" des Vitruv.
Die auf der Schrifttafel rechts verzeichneten Anweisungen nehmen indessen keinen Bezug auf diese geometrische Idealform. Sie listen Vorschriften auf, wie die gestreckt-aufrechte Haltung vom Reiter zu erreichen ist. Vergleicht man nun die voraufgehende Taf. 2 mit dieser stellt man sehr schnell fest, daß sich bei diesem Reiterportrait das Quadrat nicht in eine vergleichbare Position bringen ließe. Der reale Reiter - Caesar August de Saint-Lary Baron de Termes et de Montbar - ist offenkundig von kleinerer Statur als der ideale König, der ihn allemal an Größe übertrifft.
Bibliographie
Titel: »Maneige Royal Ov Lon Pevt Remarqver L'Instrvction dv Roy en l'Exercice de Monter a Cheval. Par Messire Antoine de Pluvinel [de la Baume *1555 Crest - † 1620 Paris] son Sous-Gouvreneur Conseiller en son Conseil d'Estat Chambellan ordinaire & son Escuyer principal. On peut remarquer le défant et la perfection du chevalier en tous les exercices de cet art digne des princes / fait & pratiqué en l'instruction du Roy par Antoine [de] Pluvinel son escuyer principal. Lequel respondant à sa Majesté luy faict remarquer l'excellence de sa Methode pour reduire le Chevaux en peu te temps à l'obeyssance des justes proportions de tous les plus beaux airs & maneiges. Le tout enrichy de grandes figures en taille douce reprensentant les vrayes & naïfves actions des hommes & des chevaux en tous les airs & maneiges courses de bague rompé en lice au Quintan & combatre á l'Espée: ensemble les figures des brides les plus necessaires á cet usage desseignées & gravé & représenté en grandes figures de taille-douce par Crispian de Pas à l'honneur du Roy et à la mémoire de M. de Pluvinel.« A Paris aux frais de Crispian de Pas. ... chez G. Le Noir 1623. Gr. fol. - 164 SS. 54 unnumm. Tafeln mit 56 Fig.;
Paris - Amsterdam: Crispin de Pas le vieux / M. Nivelle - J. Schipper 1625 / Amsterdam Chez Jean Schipper. M. DC. LXVI.;
Titel: »Maneige Royal ov lon pevt remarqver le Defavt et la Perfection dv Chevalier, en tous les exercises decet art, digne de Princes, fait & pratiquée en l′instruction du Roy par Antoine Puvinel son Escuyer principal, Conseiller, son Chambellan ordinaire, & Sous-Gouuerneur de sa Majesté.en son Conseil d′Estat. Le tout graué & representé en grandes figures de taille douce par Crispin de Pas, Flamans; à l′honneur du Roy, & à la memoire de Monsieur Pluvinel. Imprimè pour la secunde foijs & mis en Alleman a la ville de Brunsvic Au despens de Gotfried Müller. Königliche Reitschul. Da bey der Mangel vnd Volkommenheit eines Reuters zu vermercken / in allen Exercitijs dieser Fstl. vnd Adelichen Kunst / gebraucht vnd practisirt bey Unterweisung des Königs / durch Antonium Pluvinel, Kön. May. Oberstalmeistern / Rath vom St.iedt / Orinari Kemmerern / vnd vnter Gouuernator: Alles nach Ahrt vnd Invention Crisp. de Pass, den Jüngern in schönen grossen Figuren abgebildet / zu Ehren Königlicher Mayest. vnd Christlicher Angedächtnis des Monsieur de Pluvinel. Zum Andernmahl aufferlegt vnd in vnsere Hochteutsche Sprach vertirt in der Stadt Braunschweig / vnd Gedruckt durch Andreani Duncker / in Verlegung Gottfried Müller. In der Stadt Braunschweig : Anno 1626.
- Titelblatt, I Blatt Extraict du Privilege du Roy., I Tafel mit Titel, I Blatt Au Roy. Dedicace., I Tafel mit Bildnis Ludwig XIII., I Blatt Svr le Maneige Royal mit Bildnis des Pluvinel, I Blatt Advertissement av Lectevr., S. 1 L′Instruction Dv Roy. - 8, II Tafeln, S. 9 - 160 L′Instruction Dv Roy., 52 bezeichnete unnumm. Tafeln.
› Kommentar zu den Ausgaben 1625 1666 1668.
Bibliographischer Nachweis: CatGen. 139 S. 477; GVK.
Literatur: D. Franken »L'Oeuvre gravé des van de Passe.« Amsterdam - Paris 1881 Nr. 1360; "de Pas Christijn." In: Ulrich Thieme - Felix Becker (Hg.) »Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler« Bd. 26 1932 S. 281; Hollstein, Bd. 16 1974 S. 138 - 139 Nr. 175; Giorges Vigarello "The Upward Training of the Body from the Age of Chivalry to Court Civility." In: Michael Feher - Ramona Naddaff - Nadia Tazi (Ed.) »Fragments for a History of the Human Body.« Pt. 2 New York 1989 S. 178 Abb. S. 148.
Exemplare: Halle, Universitätsbibiliothek: Braunschweig 1626 › digital; München, Bayer. Staatsbibl. Signatur: 955481 Res/Gymn. 72, Beibd.1: 1660 › digital; Paris Bibliotheque national de France Sign.: Rés. S. 151 (1666) › digital; Kiel Univ. Bibliothek; Reprint [Paris] 1968.
© wp.gerlach 12.12.1999 revidiert 06.2019.