Kommentar
Von dem Paduaner Kupferstecher Gasparo
Colombina (1594 - 1651 tätig in Venedig) stammt das Stichwerk zu dem
Esengren diesen Anhang mit anatomischen Stichen verfertigte. Vor allem Köpfe männliche wie weibliche unterschiedlichen Alters werden vorgeführt. Auf den Tafeln 14 und 18 finden sich jene Puttenköpfe die sich bis zur Mitte des XVIII. Jahrhunderts als Muster der Darstellung von Kindern erweisen sollten.
Der - wahrscheinlich deutscher Herkunft - ab 1595 in Venedig arbeitende Philipp Esengren war Radierer Goldschmied (möglicherweise nur der Goldschmiedezunft angehörig da er Metall bearbeitete) und Maler (Zeichner). 1631 machte er sein Testament.
Der Typus dieses Vorlagenwerkes entstammt der venetianischen Tradition um Odoardo Filatti (1608) und Giacomo Franco (1611).
Die Erweiterung indessen um ein Blatt (Taf. 23) mit der Konstruktion einer männlichen Figur in 3 Schritten vom Skelett über die Muskeln bis zum vollständigen Akt ist eine Neuigkeit. Die Systematik der Zeichenlehre wurde von Giovanni Paolo Gallucci inspiriert. Gallucci hatte 1591 Dürers »Vier Bücher von menschlicher Proportion« übersetzt zum Druck gebracht (In Venetia Appresso Roberto Meietti. 1594 › digital). Er hatte dessen numerisch-anthropometrischen Gedanken in die gereimte Kunsttheorie des späten XVI. Jahrhunderts eingefürt. Den vier Büchern hatte er ein fünftes hinzugefügt in dem speziell die lineare und malerische Konstruktion von Bewegung und Emotionen und im letzten Kapitel die Proportionen beschrieben wurde. Dieses übernahmen Colombina/Esengren für die Auswahl ihrer Illustrationen dieses Anhanges.
Bibliographie
Titel: »Li primi Elementi della Simmetria, ó sia Commensvrazione del disegno delli corpi hvmani et natvrali, A giouamento delli studiosi de questa nobil Arte. Avtore Filippo Esegrenio Pittore, et Antiqvario.« In Padoua: A Pietro Paolo Tozzi, 1623.
- Titelblatt, Tafel 1 - 26.
Bibliographischer Nachweis: Cicognara Bd. 1, Nr. › 311.
Literatur: Bossi 1811 S. 27; Ulrich Thieme - Felix Becker (Hg.) »Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler.« Bd. 11 1915 S. 30 - 31; Schlosser-Magnino 1956² S. 626; D. Rosand "The Crisis of the Venetian Renaissance Tradition." In: L'Arte, vol. 3 1970 S. 17 - 18 32 - 33; Gerlach 1990 S. 119* 203; A. P. "Colombina Gasparo (Gaspare)" In: »Allgemeines Künstlerlexikon.« Bd. 20 1998 S. 364.
Exemplare: › Roma Bibl.Vat. Sign.: Racc. gen. Arte−Arch II 50 int.21; Venedig um 1650 › Tafeln mit geringen Varianten; »Facillima Methodvs Delineandi Omnes Hvmani Corporis Partes.« ex Typographio Remondiniano Veneto. [s.d.], 1770. - Titel, 26 Tafeln : Getty Research Institute: › digital; Privatbesitz.
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