Kommentar
Anatomischen Studien führte der Architekt und Maler Pietro
Berrettini da
Cortona [* 1596 - † 1669] bei dem gleichen römischen Anatomen dem Dominikanerpater und Chirurgen Nicolas Larcheus durch bei dem wenige Jahre später Nicolas Poussin ebenfalls lernte. Er zeichnete sie um 1618 für Giovanni Maria Castellani den Primarius des Ospedale di San Spirito in Rom. Die von Luca
Cambiaso gestochenen Tafeln für einen anatomischen Atlas blieben indessen liegen und wurden dann erstmals 1741 als
Tabulæ Anatomicæ / A Celeberrimo Pictore Petro Berrettino Cortonensi; Delineatæ & egregie æri incisæ Nunc Primum Prodeunt Et A Cajetano Petrioli Romano Doctore Regis Sardiniæ Chirurgo publico Anatomico inter Arcades Erasistrato Coo Notis illustrata. Romæ Typografia Antonii de Rubeis herausgegeben (
› online). Die Zeichnungen kamen 1772 als Geschenk von Hamilton an Dr. Hunter [* 1718 - † 1783] nach England und 1807 an die University of Glasgow.
Für die Geschichte der Proportionslehre enthält diese Auswahl zwei bemerkenswerte Aspekte.
Der erste ist die Herstellung einer optischen Beziehung zwischen den Écorches und den scheinbar marginalen Ausschnitten von Architektur neben ihnen: Deren Unterteilungen verweisen auf ähnliche proportionale Gliederungen eben dieser anatomischen Präparate die - den anatomischen Darstellungen des Vesalius vergleichbar - in Stellungen wiedergegeben sind die lebendig agierenden menschlichen Figuren angemessen wären.
Der zweite Aspekt hängt unmittelbar damit zusammen: Dargestellt sind die für die Bewegung zuständigen periphären Nervenbahnen die in Borellis Erörterung der Bewegungsmechanik von › 1680 ausführlich als entscheidende Vermittler der Funktion des Lebendigen dargelegt werden.
Bewegung als entscheidender Indikator des Ledendigen - und proportionale Gliederung als Indikator von gestalteter Lebendigkeit - werden im beginnenden Zeitalter der mechanischen Nachbildung von Leben in Form von Automaten in diesen Zeichnungen in eindrucksvoller Weise sinnfällig präsentiert.