Kommentar
Eine der großen Merkwürdigkeiten der Geschichte der Proportionstheorie und -lehre ist es schon, daß kein Zweifel daran gehegt wurde, daß das menschliche Gesicht in der bildenden Kunst - frontal gesehen - symmetrisch anzulegen sei. Alle Zeichenlehren sind sich darin einig. Der Kreis zum Oval erweitert sei die geometrisch stimmige Form.
Zahlreiche antike Statuen sind vermessen worden und nirgends war aufgefallen - oder zumindest keiner hat es der Mitteilung für Wert erachtet - daß an dem nicht so sei.
Bei diesen Messungen war doch auch die Breite des Gesichts erfaßt worden! Selbst die bildhauerische und malerische Praxis seit dem XVI. Jahrhundert sprach dagegen. Doch zumindest in der Malerei und der Graphik kam kaum ein Bildnis einmal vor, das eine Ansicht völlig aus der Frontale bot. Man mied diese Ansicht tunlichst. War es eines der Werkstattgeheimnisse die Regel zu lehren und zu achten, sich dann aber doch heimlich im konkreten Fall davon zu lösen ?
In der Theorie indessen hatte der Kopf als Ausgangspunkt, als jenes Maßgebende pars pro toto jeder auf rationale, mathematisierbare Ordnung ausgehenden Harmonievorstellung symmetrisch zu sein. Päster machte sich zum Apologeten dieses - wie sich erst durch Untersuchungen von Archäologen des späteren XIX. Jahrhunderts erweisen sollte - durch Repetiren tradierten Irrtums.
Bibliographie
Titel:
„Versuch einer Griechen-Symmetrie des menschlichen Angesichts.“ In: »Studien. Hrsg. von Carl Daub und Friedrich Creutzer.« Frankfurt und Heidelberg bei Mohr und Zimmer 1806.
Zweiter Band, S. 359
Versuch einer Griechen=Symmetrie des menschlichen Angesichts. - S. 398
„... und wie bisher für Schönheit gelten.“, S. 399
Anmerkungen, S. 410 - S. 421
Zusätze und Erläuterungen., I Blatt
Druckfehler., II Blätter
Bei den Verlegern dieses Werks ist ferner noch neu erschienen, Tab. I. - VI.
Literatur: Gerlach 1990, S. 33, 94, 96, 203*.
Exemplar: München, Bayer. Staatsbibliothek
› digital. Vorbesitz: Johann Wolfgang von Goethe.
© W.P.Gerlach 12.12.1999, revidiert 06.2019.