Kommentar
Zum erstenmal spricht
Testelin (*1616 Paris - 1695 Den Haag Mitbegründer und Sekretär der
Academie Royal de Peinture ab 1650 1681 als Protestant ausgeschlossen) von vier zu unterscheidenden Qualitäten die er als "conditions" bezeichnete. Das entspricht nur sehr entfernt dem was im XX. Jahrhundert unter dem Begriff der
Konstitutionstypen verstanden wird. Kaum auch läßt es sich mit Analogien zu den vier Temperamenten etwa begreifen sondern hier sind offenkundig vier spezielle
Modi angesprochen die in der französisch geprägten Kunsttheorie der 2. Hälfte des XVII. Jahrhunderts eine zunehmend bedeutsamere Rolle einnahmen.
Er unterscheidet für die Darstellung des Menschen die Qualität "grosses et courtes", etwa: den bäuerlich groben Typ "délicates et sveltes" den schlankeren feingliedrigeren Menschen "fortes et puissantes" den starken und imposanten Menschen und schließlich den "grêles et déliées" unter der heroisch-göttliche Gestalten zu verstehen sein werden. Jedem dieser vier modalen Typen ist ein bestimmtes proportionales Maß zugemessen das nun jeweils wieder - als ein Erbe der italienischen Kunsttheorie des XVI. Jahrhunderts - dem Geschlecht und Alter nach variiert werden muß. So nennt er für den ersten Typus etwa die antike Skulptur des jungen Faun für den letzten den Apoll vom Belvedere.
Es gehörte zu den wichtigsten Riten dieser neuen Akademie daß ihre Mitglieder sich zu solchen Fortbildungsveranstaltungen regelmäßig trafen. Von den handwerklich in der Gilde organisierten bildenden Künstlern unterschieden sich die Mitglieder der Akademie durch ihr betonte Pflicht zu theoretischen Interessen. Nur sie hatten das Privileg des Zeichnen nach Aktmodellen. In diesem Zusammenhang steht auch dieser hier angezeigte Vortrag.
Nach den Vermessungen antiker Statuen in Rom durch einen Kreis um Poussin im Jahre 1640 und deren erster Veröffentlichung durch Abraham Bosse (› 1656 ) wurde deren Ergebnis mehrfach zum Gegenstand einer solchen internen Diskussion.
Dieser Vortrag wurde in den »Sentimens...« › 1680 veröffentlicht, wie aus der Bezeichnung auf der Tafel II. unten links zu entnehmen ist.
Bibliographie
Édition critique intégrale sous la direction de Jacqueline Lichtenstein und Christian Michel,
Titel: »
Conférences de l'Académie royale de Peinture et de Sculpture.« Tome I: »Les Conférences au temps d'Henry Testelin 1648 - 1681.« Volume 2, Paris 2006, S. 25, 581 - 593; Tome II, Volume 2, 2009, 2 octobre 1678: "Henry Testelin lit sa
Table sur les proportions": S. 667 - 672 mit 2 Tafeln; Annex I., S. 689 - 749, 811, 819, 828.
La seule autre mention que l'on trouve dans les procès-verbaux du premier trimestre 1680 est, le 30 mars, la présentation par Testelin à l'Académie de deux exemplaires de son recueil des Sentiments des plus habiles peintres du temps (Procès-verbaux, Tome II, S. 164). TESTELIN, Henry, Sentiments des plus habiles peintres du temps sur la pratique de la peinture, La Haye, (s.d.). TESTELIN (Henry), Tables de préceptes sur le trait (16 février 1675); TESTELIN (Henry), Table de préceptes sur l'expression (6 juillet 1675); TESTELIN (Henry), Tables de préceptes sur les proportions (2 octobre 1678).
Literatur: Anatole de
Montaiglon, »Procés-Verbaux de l'Académie Royale de Peinture et de Sculpture 1648 - 1792.« Paris 1878, Tome II., S. 138; Anonym "Testelin Henri." In: Ulrich Thieme - Felix Becker (Hg.) »Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler.« Bd. 32 1938 S. 561; Gerlach 1990 S.42 172*.
Exemplar: 1698:
› digital.
© wp.gerlach 12.12.1999 revidiert o6.2019.