In der Proportionsliteratur gibt es nirgends ein so emphatisches und ausführliches Frauenlob wie bei diesem Anonymus, der sich hinter dem Monogramm J. K. verbirgt. Der Name von Johann
Kunckel von Löwenstern (* 1630 Rendsburg, Schleswig - † 1703 Bernau bei Berlin) ist als möglicher Autor namhaft gemacht worden. Kunckel war als Chemiker (Alchemist) und Mineraloge zuerst in Dresden tätig, hielt 1677 Vorlesungen in Wittenberg, 1679 in Berlin im Dienste des großen Kurfürsten von Berlin-Brandenburg als Glasmacher tätig und dann ab 1690 in Stockholm im Dienste des schwedischen Königs nachweisbar, der ihn mit dem Titel "von Löwenstein" adelte.
Verweise auf Dürer (S. 325, 331), Cornelius Agrippa, Elsholz (S. 333), Grenaille (S. 342). Poetische Einzeiler - 30 an der Zahl - verschwendet er auf jeden einzelnen Körperteil dieses "Werckes Gottes" (S. 342 - 343). Der Mann stehe zwar am Anfang auch seiner Schöpfung, aber er sei nur "opus naturæ".
Mit jedem der Verszeilen wird der Farbnuancen von schnee- (Hände) und helffen Beinern weis (Hals) über alabastern (Brüste) bis zu rosinfarben (Wangen) und Corallen roth der Lippen gedacht, die sein Idealbild von mittelmässiger Größe auszeichnen sollen. Leider fügte er keine Abbildungen bei, aber zeitgleiche Illustrationen lassen durchaus ein zeitgenössisches somatisches Idealbild in diesen Wortkaskaden wiedererkennen. Aktbilder von Rubens ließen sich ebenso darunter subsummieren, wie auch diejenigen des viel späteren Boucher.
Maßeinheiten: Geometrische Schuhe, Untzen; Körperhöhe = 12 Schuhe; Kopfhöhe = 1/6 "deß Cörpers vom untersten Knie an biß an den Würbel deß Haupts", S. 325; Hand = 8 Untzen, S. 329; Fuß = drey Schuhe, oder 12 Untzen, S. 330.
Im zweiten [anderen] Teil - ab S. 334 - referierte er detailliert die Abmessungen jeden Teiles des - männlichen - Körpers.
Bibliographie
Titel: »Der Neu-aufgerichteten und Vergrösserten In Sechs Büchern oder Theilen verfasten curieusen Kunst- und Werck-Schul / sehr verlangter nunmehr erfolgter Anderer Theil/ darinnen jedes Theils oder Buches Innhalt/ auf folgendem Blat zu ersehen: Ein Werck so vielen Kunst=begierigen und curieusen Liebhabern sehr dienlich und nutzlich / dergleichen auch noch nie also beysamm heraus kommen / mit überaus grosser Müh und Fleiß / und vielen angewanden Unkosten von vielen Jahren her meistens an grossen und hohen Orten zusammen getragen / und selbsten viel daran experimentirt und experimentiren helffen / nun aber aus Christlicher Liebe und Zuredung grosser Liebhaber treuhertzig und ohne einigen Vorbehalt mitgetheilet und an Tage gegeben Von J. K. Chymiæ àliarum Artium Cultore.« Nürnberg / In Verlegung Johann Ziegers Anno. 1707.
- Titelblatt, II Blatt Kurtzverfaster Inhalt des gantzen Wercks nach den 6. Theilen oder Büchern., VIII Blatt Kurtze Vor=Ansprach, S. 1 Bono Cum Deo Der vermehrten curiosen Kunst= und Werck=Schuk Andern Theils Erstes Buch.- 1463 ENDE des Sechsten Buchs., V Blatt Erstes Register über alle Bücher., L Blatt Anderes Register., 77 Abbildungen im Text.
Literatur: »Deutsches Biographisches Archiv.« Bd. 724, S. 114 - 118; Gerlach 1990, S. 31, 118, 143 f, 145, 176*; L. Kuhnert, »Johann Kunckel - Die Erfindung der Nanotechnologie in Berlin.« Berlin 2008.
Exemplar: Wolfenbüttel, Herzog-August Bibliothek: › digital
© w.p.gerlach 12.12.1999, revidiert 06.2019.