Dr. Johann Gottfried von Schadow (*1764 - † 1850) erwarb das Werk von Göz › »Die heutige sichtbare Körperwelt« (1783) wahrscheinlich nach 1789, als er bereits mit den Vorbereitungen zu seinem theoretischen Arbeiten beschäftigt war (1796 ff).
Vor allem in den 20er und frühen 30er Jahren des XIX. Jahrhunderts nahm der Plan einer systematisch aufgebauten Kunstlehre genauere Gestalt an. 1830 erschien eine »Lehre von den Knochen und Muskeln«, in der er Probleme der Darstellung von Bewegungen (Muskelkontraktion) und perspektivischer Verkürzung behandelte. 1834 folgte eine umfangreiche Studie zur »Proportion des Menschen«, deren vorbereitende Arbeit bis auf das Jahr 1802 zurück zu verfolgen sind. › 1835 erschienen seine »Nationalphysiognomien«. Darin stellte er Unterschiede der Kopfformen vor, die nach Zeichnungen hautsächlich aus der Zeit der Befreiungskriege zusammengestellt wurden, als Schadow in Berlin die Gelegenheit hatte, zahlreiche nicht-europäische Personen zu zeichnen, die zu den verschiedenen Truppen gehörten, die im Kampf gegen Napoleon durch Berlin zogen. In der Vorrede des »Polyclet« von 1834 beschrieb er den genauen Plan seiner Bemühungen um die Fortsetzung seines theoretischen Werkes. Schriften "... über den Ausdruck der Leidenschaften; über die Affecte und Gebehrden, und über das Costüm oder die Bekleidung..." (Vorrede S. III) sollten sein Werk vervollständigen. Die Ausarbeitung des vierten, letzten Punktes, wohl auch zum "Ausdruck der Affecte und Gebehrden" dienten die vorliegenden Randzeichnungen auf den Stichen von Göz. Hier übersetzt Schadow gleichsam die Figuren des späten XVIII. Jahrhunderts in reizvoll gelungene Zeitgenossen, teilweise als Aktskizzen, teilweise als Kostümstudien, die sich nicht nur durch die "Modernisierung" der Kleidung auszeichnen, sondern ihre Haltungen und ihre Gestiken sind die der neuen bürgerlichen Gesellschaft.
© W.P.Gerlach 12.12.1999, revidiert 08.2019.
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