Diese Studie aus dem Jahre 1823 ist eines der vielen Blätter, die
Johann Gottfried Schadow systematisch seit etwa 1801 anfertigte. Er hatte einen in dieser Zeit gefaßten Plan: Er wollte ein theoretisches Lehrbuch verfassen, in dem er gemäß den Albertischen Regeln zunächst über die Proportionen des menschlichen Körpers, dann über den Ausdruck und abschließend zum Kostüm schreiben wollte.
Unter dem Einfluß der sich in Deutschland etablierenden Anthropologie und Phrenologie hatte er bereits 1807 eine Abhandlung über „Nationalphysiognomie und Ausartung der menschlichen Bildung" veröffentlicht. Dann war 1813 der Berliner Verleger Caspar Weiß an Schadow herangetreten und hatte mit ihm über die Veröffentlichung von Zeichnungen nach Russen, Kosaken, Baschkiren und Kalmücken verhandelt. Bis auf erstere, alles fremde ethnische Völkerschaften, die 1813 als Teil der russischen Armee das von den Franzosen besetzte Berlin mit befreien sollten, die sein volles Interesse auf sich zogen:
„Hierhin gehört eine alte Erfahrung, das Portrait betreffend [...]: daß je minder man ein Gesicht kennt, je eher man die Aehnlichkeit mit demselben gewahr wird, und umgekehrt [...]", schrieb Schadow in seiner Abhandlung von 1807 (S. 4).
Bis 1834 zeichnete er für alle geplanten Teile seines Publikations-Projektes unermüdlich, maß und verglich. Einige Personen hat er von der Geburt an regelmäßig in Skizzen festgehalten, um über die Veränderung während des Wachstum etwas in Erfahrung zu bringen.
1835 veröffentlichte er dann eine umfangreiche Studie zu Kopfzeichnungen, die er im wesentlichen während der Freiheitskriege in Berlin zusammengetragen hatte, als Soldaten vieler asiatischer und westeuropäischer Herkunft in Berlin vorübergehend stationiert waren.
Zu diesen Zeichnungen nach Köpfen fremder Nationen und Rassen gehört auch das hier vorgestellte Blatt, eine Studie mit neun verschiedene Porträts asiatischer Volksstämme: Baschkiren, Mongolen und Kalmücken hatte er 1813⁄14 kennengelernt, Chinesen im Januar 1823 durch den holländischen Waffelbäcker Lasthausen.
Teils im Halbprofil, teils frontal schauen sie den Betrachter an. Mögen ihnen allen hohe Wangenknochen und schräg stehende Augen gemein sein. Mögen sie dadurch ihre asiatische Herkunft bezeugen. Im Zusammenspiel einiger wesentlicher Punkte unterscheiden sie sich doch: in Haartracht, Kopfbekleidung und im Grad der Ausprägung ihrer einzelnen Gesichtszüge. Indizes, die - laut Schadow - dem Betrachter einen Hinweis auf ihre jeweilige Nationalität gäben.