„Von dem Ausdrukke der Leidenschaften" betitelte
Reinhold den 11. Abschnitt von immerhin 22 Seiten Länge über ein gerade im späten XVIII. Jahrhundert nicht nebensächliches Thema.
Dabei verwandte er den geläufigen Begriff Leidenschaften, nicht das Sulzersche Empfinden, auch nicht das bereits wenig später dafür bevorzugte Wort Gefühle.
Bei den Gewährsmännern, auf die er den Leser verweist (Cicero, Leonardo, Caylus, Winckelmann, Hogarth, Hagedorn, Sulzer), zeigt er sich über den Stand der Diskussion informiert. Daß er Hogarth (› 1753) bevorzugt, erweisen einige der beigefügten Illustrationen.
Im damals britischen Hannover bringt der als Landvermesser und Schriftsteller in Osnabrück Tätige eine durchaus aktuelle ästhetische Diskussion in die Provinz, eine Diskussion, die der knapp 30 Jahre jüngere Hofmaler J. H. Ramberg (› 1811) in Hannover mit ganz anderen Voraussetzungen und unter anderen und vor allem veränderten Bedingungen auf einen sehr viel aktuelleren Stand brachte.
Beide teilten eine Vorliebe für den Regelverstoß. Das niedere Genre, die Betonung eines gegen das klassischen Ideal gerichteten Naturstudiums kennzeichnet den Inhalt der Anleitung von Reinhold, die er bezeichnenderweise „Studien zu Menschen" (10. Abschnitt, S. 86 - 112) betitelte. Nicht mehr das obligatorische singularische „des Menschen" der italienisch⁄französischen akademischen Tradition dieser Gattung von Lehrbüchern bestimmt sein Interesse, sondern gerade die von Hogarth betonte Vielfältigkeit lebendiger Erscheinungsformen menschlicher Gestalten.
Das Werk von Reinhold ist ein popularisierender Versuch aktuelle Diskussionen und Darstellungsformen in der bildenden Kunst für ein Laienpublikum zugänglich zu machen. Zwei der Illustrationen sind nach Hogarth kopiert, recht deletantisch ausgefallen, aber dennoch hinreichend genau, um das besondere Anliegen noch deutlich werden zu lassen.
Ganz im Sinne von Hogarth legte Reinhold Wert auf die genrehaften Sujets, wie aus der exemplarischen Auswahl seiner Kopfdarstellungen ersichtlich wird. Eine Büste Voltaires - im Profil - setzt er auf einen Sockel. Neben den zumeist älteren männlichen Köpfe auf den übrigen Tafeln berücksichtigte er auch ein Kind in einer Abbildung und Frauen unterschiedlichen Alters.