Der Augsburger Maler und Kupferstecher
Kilian fertigt gegen Mitte des XVIII. Jahrhunderts die Entwürfe für dieses Anleitungsbuch an, das der Verleger
Johann Martin Will (1727 - 1806) herausgab.
Die einzelnen Blätter (hier noch ungeschnitten Blatt 1 und 2 auf einem Bogen vor dem Einbinden) zeigen jeweils in mehreren Varianten Teile des menschlichen Körpers vom ersten, noch geometrischen Schema bis hin zur differenzierten plastischen Modulation durch feine Parallel- oder Kreuzschraffur.
Die erste zeichnerische Konstruktion nach einem geometrischen Schema dient der Festlegung des proportionalen Modus, die zweite der Modulation des erwünschten Ausdrucks, der auch bereits durch die Wahl der gewählten Perspektive mitbestimmt ist. Deutlich wird das auf dem Blatt 2 an den Augendarstellungen.
Links in der mittleren Reihe blickt das Auge nach oben. Diese Blickrichtung ist charakteristisch für die Darstellung der Bewunderung, der einfachen Liebe, wie sie > Le Brun in seiner Affekttheorie darstellte.
Damit läßt sich auch an diesem Beispiel belegen, daß in der Mitte des XVIII. Jahrhunderts die aus dem XV. Jahrhundert (Alberti) überlieferte Reihenfolge der kompositionellen Entscheidungen beibehalten wurde; 1. Proportion, 2. Perspektive, 3. Umriß und 4. Hell-Dunkel führen zur zeichnerischen Definition eines spezifischen Affektes einer bestimmten Person.
Die Rocaille-Kartusche des Blattes 1 dient als üppige Rahmung des Titels. Ihre Form ist charakteristisch für die Zeit vor der Mitte des XVIII. Jahrhunderts.