Bernhard Rode wird gerne als Künstler der Berliner Aufklärung geführt. An diesem hier gezeigten Blatt, das zu seinen frühesten Arbeiten gehört - wahrscheinlich vor 1771 entstanden -, ist nun alles eher traditionell.
Nur: die Ikonographie dieser Szene ist völlig frei erfunden, denn die beiden Textstellen des Alten Testaments (Genesis 3.23 - 24), an denen von der Verkündigung der Sterblichkeit durch
Gott - und nicht durch einen Erzengel - die Rede ist und diejenige in der der Engel in Erscheinung tritt, lassen sich nicht ohne weiteres mit dieser Darstellung in Deckung bringen.
Diese Bilderfindung Rodes zeichnet sich durch zwei bemerkenswerte Elemente aus. Der Cherub Gabriel, der hier zugleich als der Verkünder des Wortes Gottes gelesen werden kann, ist nicht als traditioneller Engel wiedergegeben, sondern als schöner Jüngling, wie wir ihn durchaus sowohl in der Graphik als auch an Grabmalsdarstellungen Italiens dieser Zeit bereits finden können.
Daß diese Gestaltung dann bei Thorwaldsen und Canova bis hin zu Rauch die klassizistische Ikonographie bestimmt, belegt nur einmal mehr das Argument vom „aufklärerischen“ Rode, nur diesmal aus stilistisch-ikonographischer Sicht. Daß er aber andererseits den Tod in einer durchaus traditionellen Form als leichtbekleidetes Skelett mit Pfeil in der Hand darzustellen bevorzugt, zeugt wiederum von tendenzieller Unzeitgemäßheit, hatte doch 1769 gerade Lessing seine Schrift «Wie die Alten den Tod gebildet» veröffentlicht, die reges Interesse fand.
Lessing gelang es nachzuweisen, daß der Tod in der Antike als Bruder des Schlafes in der Gestalt eines schönen Jünglings dargestellt wurde, was Rode offensichtlich noch nicht erreichte, wie dann die klassizistischen Künstler wenige Jahre später.
Der Tod mit dem Pfeil aber entstammt den Totentänzen der Spätgotik, bekam aber im Barock eine spezifische Bedeutung durch diesen Pfeil, der als Symbol von Seuchen, vor allem der neuen Lunstseuche fungierte.