Heinrich Liedert war derjenige Kandidat, der mit dieser
Dissertation an der Königsberger Universität seine mündliche Prüfung im Fach Medizin abschloß. Der Prüfer - Christian Gottlieb
Kongehl (*7.04:1698 Königsberg - † 21.11.1761 ebda.) - hat zahlreiche solcher Abhandlungen veröffentlicht, bei denen er den Vorsitz geführt hatte. Die Dissertation ist also als gestrafftes Protokoll einer mündlichen Prüfung zu lesen.
Das hat für uns den Vorteil, daß wir daraus einigermaßen genau das Standardwissen der Zeit erfahren können, da es um das Referat entscheidender Grundkenntnisse ging. Von daher läßt sich aus diesen Schriften nicht unbedingt das Neueste oder gar völlig Neues erfahren.
Die Temperamentenlehre, um die es hier geht, ist Wissensgut, daß als Grundlage der antiken Medizintheorie überliefert war. Ihr Prinzip besteht darin, daß der menschliche Körper von vier Säften bestimmt wird, die je nach Mischungsverhältnissen die Konstitution und den Charakter des einzelnen Menschen bewirken. Störungen dieses Mischungsverhältnisses - z.B. durch falsche Ernährung, Krankheit u.a. - können zu negativen Auswirkungen führen, einseitig negative Aspekte des Temperaments oder des Charakters hervortreten lassen. Aufgabe nun des Mediziners ist es mit seinen therapeutischen Mitteln wieder für die natürliche Ausgewogenheit des Mischungsverhältnisses zu sorgen.