Bebilderte Herrscher-Chroniken oder Herrscher-Galerien sind in der Darstellungsform charakteristisch für vergleichbare Folgen etwa von Dichter-, Gelehrten- oder auch Schauspieler-Galerien, die es seit dem Mittelalter als Miniaturen und als gedruckte Folgen bis in die Neuzeit hinein in allen europäischen Länder immer wieder gegeben hat. Sie unterscheiden sich im Prinzip nicht, allenfalls darin, wie und wie umfangreich die jeweiligen Bildnisse durch einen Kommentar begleitet wurden oder ob es sich um Büsten, halb- oder ganzfigurige Bildnisse handelt. Sie dienten immer der Beschreibung kollektiver historischer Erinnerung. Sie waren Teil des Ausdrucks meist nationaler Identität.
Diese Kupferstich-Galerie der Könige von Frankreich versammelt 64 Büsten von Pharamond († 425 n.Chr.) bis zu Ludwig XIV. (1638 - 1715), zu dessen Lebzeiten die Tafeln zu dieser Publikation hergestellt wurden.
Alle Bildnisse sind vermutlich nach älteren Gemälden oder Münzbildnissen gestochen worden. Typisch für derartige Darstellungen aus früherer Zeit ebenso wie für solche aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert ist der modus der Wiedergabe der Dargestellten. Sie werden immer mit einer gelassenen, ja emotionsfreien Miene gezeigt. Bei diesem modus handelt es sich um jene gelassene Beherrschtheit, die dem Herrscher geziemt. Seit Platon und Aristoteles wird sowohl in der Litertur, als auch in der bildenden Kunst der nobelste Ausdruck als derjenige angesehen, der nicht nur nicht vom Augenblicksausdruck einer Person geprägt ist, sondern diese auch noch "besser" darstellt als die Natur sie gebildet hat.
Wir pflegen diese Art der Darstellung als Idealisierung zu benennen. Damit kommt zum Ausdruck, daß nicht die Zufälligkeit der historischen Individualität das Ziel der Darstellung ist, sondern im Bildnis sollen zugleich und vor allem die Herrscher-Qualitäten vorgetragen werden. Diese Qualitäten wurden bildlich durch eine Anpassung an ein ästhetisches Schönheitsmaß erfaßt. Ebenmäßigkeit der Proportionen des Kopfes gehörten dazu ebenso, wie ein ideales Alter des Dargestellten. Das hat zur Folge, daß ältere Könige im Alter von Weisheit und Autorität dargestellt wurden, zeitlich jüngere Könige im idealen Alter der voll erblühten Manneskraft.