Viele Gründe sprechen dafür, daß die physiognomische Lehre einer optisch-topographisch orientierten Lehre von den Zeichen an der Körperoberfläche in einer Weise in Texten so aufbereitet wurde, daß die Leser sie rasch und leichter erfassen und behalten konnten, als eine Art Gedächtniskunst also, eine Ars Memoria. Das aber ist eine der klassischen Lehrmethoden noch des XVI. und XVII. Jahrhunderts.
Der aus Venedig stammende de Rossi widmete seine kleine Schrift dem französischen Kardinal Richelieu (1588 - 1642), womöglich um diese und auch sich selber der wenige Jahre zuvor gegründeten Pariser Akademie als Lehrer zu empfehlen.
In seinem Text ordnete de Rossi das bekannte Wissen zur humoralmedizinisch begründeten Physiognomik in eine alphabetische Liste, aufgeteilt nach 28 Körperteilen. Ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen sind tabellarisch Charaktermerkmale zugeordnet.
Gleichsam als Handbuch in Taschenformat konnte der Leser dieses Büchlein zum täglichen, raschen Gebrauch ständig bei sich führen. So konnte er sich im gegebenen Fall sowohl bei der praktischen Analyse eines Gegenübers als auch zur vollständigen Diagnose von Charakter und Charakterschwächen noch einmal der genaueren Bestimmung bestimmter Merkmale vergewissern. Selbstverständlich wird es ebenso zur Konsultation bei geselligen Unterhaltungen gedient haben, ebenso wie von Malern bei der ersten Begegnung mit einem zu Poträtierenden.
© W.P.Gerlach 12.12.1999, revidiert o7.2o19.
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