Dieser nach einer Zeichnung Guercinos angefertigte Kupferstich der "Allegorie der Malerei" gehört zu einer Serie vergleichbarer Kopfstudien, die sich bereits seit dem XVI. Jahrhundert offensichtlicher Beliebtheit bei Sammlern und Künstlern erfreuten.
Die Köpfe müssen wir als Idealköpfe lesen, denn in ihnen ist sowohl die Proportion als auch das Alter und die neutrale Mimik nach einem ausgewogenen mittleren Ideal gestaltet. Das wird bei diesem weder signierten, datierten noch bezeichneten Blatt schon durch die Tatsache ersichtlich, daß ein älterer Mann, ein junger Mann und eine Frau mittleren Alters für die Darstellung ausgewählt worden sind. In weiteren Blättern gegen Ende der Folge werden dann exemplarische Beispiele von emotional bewegten Gesichtern vorgeführt.
Von diesen drei Typen ausgehend ließen sich von lernenden Künstlern nun je für ihre eigenen Entwürfe und Kompositionen angemessene Varianten ableiten.
Daß dies vielen nicht immer gelang, veranlaßte bereits manche zeitgenässische Kritiker auf die ständig gleichförmigen Kopf- und Figurengestaltungen ihrer Malerkollegen warnend hinzuweisen, da es ihnen nicht gelänge, die dem Thema ihrer Kompositionen angemessene Differenzierung zu gestalten.
Die Studie von emotionsneutralen Kopftypen ist in eine Folge von Studienanleitungen eingefügt, die seit dem frühen XVI. Jahrhundert in Venedig und in Bologna von verschiedenen Zeichnern angefertigt wurden. Sie führen systematisch in das Studium der menschlichen Gestalt ein und dienten wahrscheinlich nicht nur für den akademischen Zeichenunterricht, sondern auch als Anleitung für Dilettanten.
Guercinos Malerei und Zeichenstil wurde ein viel gelobtes Vorbild vor allem im XVII. Jahrhundert auch nördlich der Alpen.
© by Peter Gerlach 12.12.1999, revidiert o3.2o18.
|