Die beiden Titelblätter trennen zwei Teile eines im gleichen Jahr in Hannover erschienen Textes zur Physiognomik.
Das Bemerkenswerte an diesem Text ist, daß Timpler seine Methode, die die klassische Methode der Physiognomik bis ins XVII. Jahrhundert hinein gewesen ist, klar anspricht, wenn er sie als optische bezeichnet.
Eine optische Methode ist die Physiognomik deswegen, weil sie mit der genauen, nur registrierenden Beobachtung der Körperoberfläche des zu analysierenden Gegenübers beginnt. Erst wenn alle sichtbaren Zeichen an dieser Oberfläche gelesen sind, kann das Spiel der Ausdeutung, der Bewertung und Einschätzung beginnen. Zwar hat jedes Zeichen eine genaue Bedeutung, die indessen ambivalent ist. In einem Zusammenhang kann sie negativen Wert haben, in einem anderen auf Positives hinweisen. Die Kunst des Physiognomen besteht also darin, aus dem gemeinsamen Auftreten von unterschiedlichen Zeichen die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.
Welche Richtung nun seine Ausdeutung annimmt, ob er bevorstehende Schicksalsschläge erkennen will, oder ob die Ergebnisse seiner Analyse auf Ratschläge für die weitere Lebensführung hinauslaufen, ist weniger von der physiognomischen Lehre abhängig, als vielmehr von der Einstellung des Analysten. Er kann der divinatorischen (auf Zukunftsdeutung hin orientierten) Richtung zuneigen oder einer medizinisch-psychologischen. Im ersten Fall ist auch im XVII. Jahrhundert die Physiognomik weitgehend ein betrügerisches Unterfangen gewesen, im letzteren eine durchaus von viel Erfahrung gesättigte medizinisch-hygienische Praxis, die viele Anhänger hatte, weil es zu ihr schlechterdings keine Alternative gab.