Die Szene illustriert eine Episode aus der Gründungslegende Roms, wie sie Vergilius Maro (70 - 19 v. Chr.) beschrieb.
In dem Epos »Aeneis« schildert er, wie die Flotte der Trojaner auf ihrer Flucht in einen schweren Sturm geriet: Hier erscheint sie im Hintergrund. Links im Bild retten sich einige der Schiffbrüchigen auf einen aus dem Meer hervorragenden Felsen. Von rechts nähert sich Neptun mit seinem Viergespann und glättet fürsorglich die vom Sturm aufgewühlten Wogen des Meeres. Rechts nun ist auch der Anlaß für das Drama vorgestellt: Juno bittet nunmehr Aiolus mit seinem Wind das Meer aufzuwühlen, um die Trojaner untergehen zulassen. Sie hatte bereits vorher mehrfach versucht den Trojanern Schaden zuzufügen, was ihr immer nur mit mäßigem Erfolg gelang und einige der Boots-Flüchtlinge schließlich trotz aller Widrigkeiten italischen Boden erreichten, um in der nächsten Generation Rom zu gründen.
Von Raimondi gibt es eine dieser inhaltlich vergleichbare Darstellung nach Zeichnungen Raphaels, die nach einer Reihe kleiner römischer Reliefdarstellungen komponiert ist. Allerdings sind dort um eine Mittelszene mit Neptun gruppiert sieben weitere Episoden geschildert, die hier nicht vorkommen.
Um die linke Gruppe ist diese Darstellung hier reicher. Charakteristisch erscheint die Art und Weise, wie der Zeichner/Stecher die unterschiedlichen Bewegungen der Überlebenden zur Steigerung der Dramatik der Erzählung nutzt. Ihre Physiognomien dagegen bleiben fast alle von einer gelassenen Gleichmütigkeit. Das erklärt sich aus ihrem Rang als bedeutende Personen der mythischen Geschichte. Wenn sie auch historische Personen und damit Sterbliche sind, haben sie dennoch durch ihre Teilhabe an diesem bedeutenden historischen Ereignis einen nahezu heroischen Rang. Daher gebührt ihnen diese mimische Gelassenheit.
© by Peter Gerlach 12.12.1999, revidiert 03.2018.
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