Die Bestimmung des Autors dieses größten, aus zwei Platten gedruckten Kupferstiches ist strittig.
Einerseits wurde Marcanton Raimondi (um 1480 - 1527/1534), neuerdings entschiedener aber sein Schüler Marco Dente (Ravenna, nachweislich tätig ab 1515 in Rom - 1527) als Autor benannt. Das Blatt ist rechts unten auf einem Steinblock mit "bacius florentinus" und mit einem Monogramm - SR - versehen. Das kann als die Signatur von Marco Dente als sculpsit Ravenatus gelesen werden.
Als Entwerfer ist Baccio Bandinelli (1493 - 1560) genannt, dessen Vorzeichnung in Chatsworth um 1520 datiert wird.
Ungewöhnlich an der Darstellung dieser Szene des Neuen Testamentes nach Matthäus 2, 16 - 18 sind die nackten Krieger und Mütter, in denen sich zahlreich Zitate u.a. nach antiken Statuen und Michelangelos Fresken der Capella Sixtina auffinden lassen, während die nackten Säuglinge und Kinder durchaus bereits im späteren Mittelalter so dargestellt sich finden. Charakteristisch für das frühe XVI. Jahrhundert ist die schwelgerische Brutalität, mit der die Szene ausgeschmückt worden ist.
Ungewöhnlich auch die Auffassung des in der Mitte der Komposition vor einer Säule stehenden Herodes, der eher einem zürnenden Apoll, denn dem gewöhnlich bärtigen, älteren Herodes der Bildtradition entspricht. Von ihm ausgehend ist die Komposition in einer kreisförmigen Kette entwickelt, die sich in der vorderen Gruppe der klagenden Mütter schließt.
Betrachtet man die expressive Mimik der klagenden Frauen im Vordergrund wird deutlich, daß hier Raphaels Kompositionen (Stanza del Incendio, Borgobrand, Vatikan), dagegen bei den männlichen Figuren Michelangelos Karton der Badenden Soldaten Anregungen hat vermitteln können. Während mit letzteren vor allem die kraftvollen Körperhaltungen vergleichbar sind, sind die Köpfe z.B. der beiden rechts von Herodes Stehenden zweifellos nach der Statue des Laokoon, als dem Prototypen einer leidenden männlichen Mimik, gestaltet.
Auffällig bleibt letztlich auch hier, daß der jugendliche Herodes ebenso wie der Nackte links von ihm als jugendlich aufgefaßte Hauptfiguren gerade durch ihre gleichmütige Mimik zeigen, daß sie als die Protagonisten des Ereignisses zu lesen sind, obwohl sie aus dem Zentrum der Komposition in den Hintergund gerückt erscheinen. Dennoch aber überragt Herodes alle übrigen mit seinem Kopf.
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