Dr.phil. Karl Theodor Richard Lessing schrieb mit diesem Text eine Charakterologie, die mit universalem Anspruch auftrat. Das ist keine neue Forderung gewesen.

Bereits im XVIII. und frühen XIX. Jahrhundert hatte die metaphorische Übertragung des Begriffes Physiognomik von der Gestalt des Menschen zunächst auf Landschaften (Humboldt, Carus) und nachfolgend auf alle möglichen Gegenstandsbereiche von Wissenschaften zu einem universalen Anspruch geführt, den Lavater bereits zuvor als prinzipelle Forderung aufgestellt hatte.

Insofern übersetzt Lessing nur diese ältere These in den durch Klages eingeführten Begriff der „Charakterologie“ als Zweiggebiet der Individualpsychologie, modernisiert ihn gleichsam.

Lessing der sich gut im Werk von Carl Gustav Carus (1789 - 1869) auskannte - er hat 1925 dessen »Symbolik der menschlichen Gestalt« von 1853 neu bearbeitet -, hat sich auch anderweitig immer wieder mit der Geschichte der Physiognomik beschäftigt. Ihm wird also von daher dieser Gedanke vertraut gewesen sein, wenn er auch im seinem Text nirgends auf diese Vorgeschichte hinweist.

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© W.P.Gerlach  12.12.1999, revidiert 08.2019.